Anthropologie in der Produktentwicklung

Die Produktenwicklung: „Entwickel ein Produkt“ oder „Lasse das Produkt sich entwickeln“. Nachfrage und Angebot stehen hier stellvertretend als Prinzipien unserer Marktwirtschaft. Doch wie kann sowohl das eine, die Nachfrage, als auch das andere, das Angebot, möglich sinnvoll erkannt und in ein neues Produkt implementiert werden? Dazu kommt die Disziplin der Anthropologie ins Spiel.

In den vergangenen Jahren fanden immer mehr Anthropologen ihren Einstieg in die Welt des Businesses. Manch einer fragt sich jetzt vielleicht: „Dieses Studium über Orchideen, Pferde oder was war das noch gleich, das Weltall?“ Nein. Anthropos – zu deutsch „der Mensch“ -logie – Studie. Die Studie vom Mensch-Sein.

Als studierte Anthropologin habe ich eine Grundausbildung darin, soziale Interaktionen und unterschiedliche Perspektiven zu einem Thema zu verstehen und in Kontext zu setzen. Meinen Einstieg in die Business-Anthropologie machte ich zu einer Produkt-fokussierten Forschung. Konkreter, warum die Verkaufszahlen zu diesem einen Produkt seit mehreren Jahren abnahmen. Dazu wendeten wir unterschiedliche Methoden wie Interviews aber auch Beobachtungen in dem Büro an.

Aber was ist Anthropologie überhaupt? Hier wird es etwas komplizierter. In der klassischen ethnographischen Arbeit ist das Kernstück einer „Forschung“, und somit der Wissenssammlung, die „Teilnehmende Beobachtung“. Klingt abstrakt? Ist es auch. Das idyllische Bild dazu: der einsame Forscher auf einer kleinen, abgelegenen Südsee-Insel. Ein Jahr ohne Kontakt zur Außenwelt, ausgestattet mit einem Tonbandgerät und viel Papier zum Schreiben. Aber keine Angst, dieses Bild gehört schon seit Mitte der 1950-er Jahre nicht mehr der Realität an und das ist es ja, wo sich unsere Researcher aufhalten sollen. Möglichst dicht und real an den Partizipanten.

In den letzten Jahren sind ethnographische Methoden, das Herzstück der Anthropologie, in angepasster Form durch User Experience (UX) Studies für viele auch zum Zentrum der Produktentwicklung geworden. Oder zumindest zu einem wichtigen und erfolgsversprechenden Tool. Warum?

Durch UX Studies ist es uns möglich, herauszufinden, wie unser potenzieller Kunde das Produkt wirklich wahrnimmt.

Anstatt also mit puren Annahmen zu den Wünschen unserer Zielgruppe zu arbeiten, wird aus der Erfahrung der schon bestehenden Kunden geschöpft. Hier muss nicht im Dunkeln getappt werden, wie das Produkt gestaltet werden kann, sondern es müssen Daten eingeholt werden. Somit verhindert man das Risiko eines Flops beim Release des Produktes. All die Arbeit wurde schon vorgeleistet durch die Einholung von individuellen Kundenerfahrungen, die sich eben nicht nur auf die Funktionalität des Produktes beziehen.

Darüber hinaus schafft es ein guter Anthropologe, die gesammelten Daten zu dem Produkt auch in Verhältnis zu den Lebensumständen seiner Befragten zu setzen. Schließlich soll das Produkt einen Platz im Leben des Kunden einnehmen.

In den folgenden Posts werden wir tiefergehend auf Methoden, Setting, Auswertung etc. eingehen, um nicht nur dem Anthropologen ein Gesicht zu geben, sondern darüber hinaus, wie Anthropologie in der Produktentwicklung bestmöglich eingesetzt werden kann.


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